Kulturtipps der Woche: Voodoo Jürgens und Puppen, die Briefe schreiben

Sattelschlepper bedeuten im Kulturbetrieb keine neue Holzlieferung, sondern sind das untrügliche Zeichen für den richtig großen Tourneebetrieb. Mit einem 40-Tonner fährt morgen (3.10.) das österreichische Theaterkollektiv God’s Entertainment beim Festival Tangente in St. Pölten vor und hat drei Tage lang Interventionen mit dem Publikum vor. Dann aber wird’s doch noch musikalisch. Die deutsche Rapperin Ebru Düzgün alias Ebow (4.10.) überbringt ihre gesellschaftskritischen Texte verpackt in 90er-R ’n‘ B, Hiphop und Trap Beats. Und am Samstag (5.10.) bringt Voodoo Jürgens, der österreichische Liedermacher mit dem Faible für Antihelden, den Lastwagen samt Rathausplatz zum melancholischen Schwingen. (afze)

Puppenkorrespondenz

Im Erdgeschoß der Kunsthalle (MQ) läuft ab Donnerstag der Film La Gola von Diego Marcon. Der 1985 geborene Italiener zeigt darin zwei hyperrealistische Puppen. Die eine, Gianni, berichtet in Briefen von den Speisen eines extravaganten Banketts. Rossana antwortet ihm postalisch mit der Schilderung des gesundheitlichen Abbaus ihrer Mutter. Leben haucht den Augen der starren Protagonisten CGI-Technik ein, hinter allem liegt Orgelmusik. Aber: Die beiden „reden“ aneinander vorbei. Das Auftragswerk ist die erste Präsentation des Künstlers in Österreich. (wurm)

Zerbrechliche Welt

Mit Ursula Biemanns Becoming Earth und Rodrigo Bragas Nullpunkt sind im MQ Freiraum zwei neue Ausstellungen (bis 23.2.) mit ökologischer und sozialer Absicht zu bestaunen. Biemann hat für ihre Videos Grönland, den Amazonas und andere schwer erreichbare Weltgegenden besucht. Man sieht die Schweizerin in leuchtend orangen Schutzanzügen und mit Stirnlampe, betörende Landschaften, fremdartige Tiere. Politik, Soziales, Ökologie – alles hängt zusammen und ist bedroht. Mit dem Ei als Symbol für das Leben und dem Auge als Symbol für Erkenntnis stellt sich auch der Brasilianer Braga solchen Fragen. (wurm)

Quasthoffs Jazz

Umgeben von sehr kompetenten Instrumentalisten, widmet sich Bassbariton Thomas Quasthoff seiner Jazzaffinität. Seine Gesangskarriere hat er vor Jahren beendet, dies betraf allerdings letztlich nur die Klassik. Quasthoff zeigt also weiterhin, dass er seine klassisch geschulte Stimme stilgerecht auch im Jazz einzusetzen versteht. Seine Balladenkunst profitiert vom besonderen Timbre des Deutschen. Zusammen mit seinem Quintett, dem auch Posaunist Nils Landgren und Schlagzeuger Wolfgang Haffner angehören, wird Quasthoff im Konzerthaus sicher aber auch flottere Standards swingen lassen.